Gehirnfreundlich lehren: Die Geschichte einer Kurs-Transformation


Gehirnfreundlich lehren: Die Geschichte einer Kurs-Transformation

Der Morgen begann wie so viele zuvor. Laptop aufklappen, Kamera prüfen, Folien starten. Draußen prasselte der Regen gegen das Fenster, drinnen warteten die kleinen Zoom-Kacheln, bis der Kurs begann.
Er atmete tief durch. Heute stand Modul 3 an – eigentlich eines seiner Lieblingsmodule. Er kannte den Stoff, er hatte ihn zigmal unterrichtet. Und doch lag ein leiser Zweifel in der Luft, den nur er spürte.

Als die Teilnehmer langsam hereinkamen, begann er zu reden. Erst die Begrüßung, dann die ersten Folien. Nach nicht einmal zehn Minuten fiel es ihm auf: zwei Kameras aus, einer scrollte am Smartphone, eine andere schrieb mit gesenktem Blick – vielleicht Mails. Die Energie sackte.

Er wusste, was hier passierte, auch wenn kaum einer es benennen konnte: Das Arbeitsgedächtnis war voll.

 

Der Blick hinter die Stirn

Das menschliche Gehirn arbeitet nicht wie eine Festplatte, die man einfach mit Daten füllt. Es ist eher wie eine kleine Werkbank: Drei, vier Teile passen gleichzeitig drauf. Mehr nicht.
Kommt zu viel, fällt etwas runter. Manchmal das Wichtigste.

In diesem Moment erinnerte er sich an eine Studie, die er vor kurzem gelesen hatte – Mayer, Multimedia Learning. Die Sache mit der „extraneous load“: Alles, was nicht zum Kern gehört, raubt wertvolle Ressourcen. Und wenn die voll sind, ist das wie eine Schublade, die klemmt – man kann schieben und drücken, aber nichts Neues passt mehr hinein.

Er beschloss: Dieses Modul wird er nicht einfach runterspulen. Heute würde er live testen, was es heißt, Aufmerksamkeit zu designen.

 

Aufmerksamkeit designen – nicht hoffen

Er stoppte die Bildschirmfreigabe. „Lassen Sie uns einen Schritt zurückgehen“, sagte er in die Runde.
„Ich will, dass Sie sich auf drei Dinge konzentrieren. Nur drei.“ Er schrieb sie auf ein leeres Whiteboard: Kundenkontakt, Reaktionszeit, Folgeangebot.
„Alles, was ich gleich zeige, dreht sich um diese drei Punkte. Wenn etwas nicht dazugehört – ignorieren Sie es.“

Er spürte, wie die Köpfe sich hoben. Er öffnete wieder die Folien – diesmal nicht die überladene Übersicht, sondern eine Version, die er vor Wochen aus Neugier erstellt hatte: nur ein Diagramm, farblich markiert, die entscheidenden Stellen eingerahmt.

Die Gesichter in den Kacheln blieben bei ihm. Sogar die Kamera, die eben noch aus war, schaltete sich ein.

Er wusste, warum: Das Gehirn hatte jetzt einen klaren Auftrag. Kein Suchen, kein Sortieren. Der Weg war markiert.

 

Emotion als Anker

Doch Aufmerksamkeit allein reicht nicht. Er wollte, dass sie sich an diesen Tag erinnern.
Also lehnte er sich zurück und begann zu erzählen.

„Vor fünf Jahren saß ich in einem Verhandlungsgespräch. Alles lief gut – bis zu diesem einen Satz. Mein Gegenüber sagte: ‚Wir melden uns.‘ Drei harmlose Worte. Aber für mich bedeuteten sie das Ende des Deals.“
Er ließ die Pause wirken.
„Erst später habe ich verstanden, warum: Ich hatte in diesem Gespräch keine emotionale Verbindung hergestellt. Keine Geschichte, kein Bild, kein Moment, der hängenbleibt.“

Er sah, wie eine Teilnehmerin nickte, eine andere die Stirn runzelte, als würde sie an ein ähnliches Erlebnis denken.

Die Forschung, die er kannte, war eindeutig: Emotionen sind wie Marker im Gedächtnis. Sie sagen dem Gehirn: Das ist wichtig, das musst du behalten.

Also bat er sie: „Denken Sie an Ihren letzten Kundenkontakt. Gab es einen Satz, der alles veränderte? Schreiben Sie ihn auf – jetzt, ohne lange zu überlegen.“
30 Sekunden Stille. Und dann, wie von selbst, begannen die Gesichter zu leuchten. Ein Teilnehmer hob die Hand: „Mir ist gerade klar geworden, warum der Kunde abgesprungen ist …“

 

Wiederholen mit System

Er hatte gelernt: Wenn Wissen nicht wieder auftaucht, verschwindet es. Also baute er mitten ins Modul eine kurze Wiederholung ein. Keine Folien, kein langer Monolog – nur Fragen.

„Nennen Sie mir zwei Faktoren, die wir gerade besprochen haben.“
„Wie hängt Faktor eins mit Faktor drei zusammen?“

Er rief sie nicht der Reihe nach auf. Er ließ Raum, damit jeder für sich die Antwort suchen musste.
Er wusste: Dieses Abrufen ist Training fürs Gehirn. Es stärkt nicht nur das Behalten, sondern macht es leichter, neue Inhalte anzudocken.

Und er dachte an seinen Plan: 48 Stunden nach diesem Modul würde jeder Teilnehmer eine kurze Mail bekommen. Darin drei neue Fragen, die an diesen Tag erinnerten. Nicht als Test, sondern als kleine Einladung: Hol das Wissen noch einmal hoch.

 

Transfer mit Laststeuerung

Er schaute auf die Uhr. Noch 20 Minuten bis zum Ende. In seiner alten Struktur hätte er jetzt fünf Praxisaufgaben vorgestellt – jede wertvoll, jede durchdacht. Und jede eine kleine Überforderung.

Heute machte er etwas anderes.
„Ich will, dass Sie nur eine Sache tun“, sagte er. „Wählen Sie eine der drei Kernideen von heute. Wenden Sie sie auf Ihren aktuellen Fall an. Sie haben zehn Minuten. Dann teilen Sie Ihr Ergebnis mit einem Partner im Breakout-Raum.“

Er stellte ein Template in den Chat: einfache Felder, keine Spielereien. Oben eine Erinnerung an die drei Kernideen, unten Platz für die Umsetzung.

Als er die Gruppe nach zehn Minuten zurückholte, sprach die Energie für sich. Die meisten hatten Ergebnisse. Einige hatten Fragen, wie sie es noch verbessern könnten. Er wusste: Genau das ist der Moment, in dem Wissen zu Können wird.

 

Der Unterschied

Eine Woche später schaute er in seine Statistik.

  • Wiedergabedauer pro Segment: gestiegen.
  • Drop-off-Rate: gesunken.
  • Anzahl eingereichter Praxisaufgaben: verdoppelt.

Er lächelte. Nicht, weil die Zahlen gut waren – sondern weil er wusste, dass hinter jeder Zahl ein Teilnehmer stand, der mehr mitnahm als zuvor.

 

Was du aus seiner Geschichte mitnehmen kannst

Du hast erlebt, wie sich ein Kurs verändert, wenn diese vier Hebel zusammenspielen:

  • Aufmerksamkeit designen: Markiere den Weg, bevor du startest.
  • Emotion koppeln: Baue Momente, die das Gehirn markieren will.
  • Wiederholen mit System: Lass Wissen regelmäßig auftauchen.
  • Transfer steuern: Gib eine machbare Aufgabe, keine Überforderung.

Es ist kein Hexenwerk. Es ist bewusstes Gestalten. Und es macht den Unterschied zwischen „nett anzuschauen“ und „wirklich umgesetzt“.

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